Wer an Basel denkt, hat oft zuerst das Münster, das Rathaus oder die bekannten Museen auf der Grossbasler Seite im Kopf. Doch auf der anderen Seite des Rheins liegt ein Stadtteil, der genauso viel Geschichte, Leben und Charme in sich trägt – die Altstadt von Kleinbasel. Sie ist weniger prunkvoll als ihr Pendant auf der anderen Rheinseite, aber genau das macht ihren besonderen Reiz aus. Kleinbasel ist ehrlich, multikulturell, traditionsreich und jung zugleich.
Die Geschichte Kleinbasels beginnt später als die der Grossbasler Seite. Lange war das Gebiet auf der rechten Rheinseite dünn besiedelt, oft durch Hochwasser gefährdet und vor allem landwirtschaftlich genutzt. Erst im Laufe des 13. Jahrhunderts wurde Kleinbasel gezielt entwickelt. Die Gründung der Kleinbasler Altstadt wird häufig mit dem Bau der Mittleren Brücke in Verbindung gebracht, die um 1226 errichtet wurde. Diese Brücke verband beide Stadtteile und ermöglichte den Aufschwung des rechten Rheinufers.
Im Jahr 1392 wurde Kleinbasel offiziell in die Stadt Basel integriert. Seither entwickelte sich das Quartier stetig weiter, blieb aber über lange Zeit hinweg etwas ärmer und einfacher als Grossbasel. Diese Herkunft prägt den Stadtteil bis heute und hat ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Bewohnerinnen und Bewohnern geschaffen.
Die Altstadt von Kleinbasel liegt rund um die Rheingasse, die Claraplatz und das Kleinbasler Rheinufer. Hier reihen sich enge Gassen, kleine Plätze, historische Häuser und ehemalige Handwerksbetriebe aneinander. Viele Gebäude stammen aus dem 14. bis 18. Jahrhundert und wurden sorgfältig restauriert. Wer durch die Rheingasse spaziert, spürt den ursprünglichen Charakter des Viertels sofort. Die Gebäude sind schlichter als auf der Grossbasler Seite, aber oft mit liebevollen Details ausgestattet – etwa bunt gestrichene Fensterläden, alte Türbeschläge oder kunstvolle Hauszeichen.
Auch heute noch gibt es hier traditionelle Läden, kleine Bäckereien, Metzgereien und alteingesessene Wirtschaften. Daneben finden sich alternative Cafés, Ateliers, Bars und Restaurants, die den multikulturellen Geist von Kleinbasel widerspiegeln. Das Nebeneinander von Alt und Neu, von Tradition und Moderne ist hier besonders sichtbar.
Mitten im Quartier liegt die Clarakirche, ein gotisches Gotteshaus aus dem 14. Jahrhundert. Sie ist eines der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Kirchengebäude auf der Kleinbasler Seite. Heute wird sie nicht nur für Gottesdienste genutzt, sondern auch für Konzerte und kulturelle Veranstaltungen. Ihr ruhiger Kirchplatz ist ein schöner Ort zum Verweilen, besonders in den wärmeren Monaten.
Unweit der Kirche befindet sich der Claraplatz, ein zentraler Knotenpunkt des Quartiers. Hier kreuzen sich Tramlinien, Busse, Einkaufsmöglichkeiten und Treffpunkte. Der Platz mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, doch er ist das pulsierende Herz von Kleinbasel – mit Marktständen, Sitzgelegenheiten und einem ständigen Kommen und Gehen.
Ein besonderes Highlight der Altstadt Kleinbasel ist das Rheinufer. Während sich auf der Grossbasler Seite die breite Uferpromenade mit ihren eleganten Geländern und steinernen Mauern zeigt, wirkt das Kleinbasler Rheinufer bodenständiger und gemütlicher. Die sogenannte Rheinpromenade, etwa zwischen der Mittleren Brücke und der Wettsteinbrücke, ist ein beliebter Treffpunkt für Einheimische.
Im Sommer ist das Ufer belebt. Menschen sitzen auf den Treppen, essen ein Eis oder trinken einen Kaffee. Viele steigen mit ihrem Wickelfisch in den Fluss und lassen sich gemütlich treiben. Dieser Brauch ist typisch für Basel und zeigt, wie eng das Stadtleben mit dem Rhein verbunden ist. Besonders beliebt ist auch das sogenannte „Badhüsli“, das historische Flussbad am Kleinbasler Ufer, wo sich im Sommer alle Generationen zum Schwimmen treffen.
Kleinbasel ist bekannt für seine kulturelle Vielfalt. Menschen aus aller Welt leben hier zusammen, was sich auch im Angebot an Restaurants, Läden und Veranstaltungen widerspiegelt. In der Altstadt finden sich indische Lebensmittelgeschäfte, türkische Bäckereien, vietnamesische Imbisse oder äthiopische Restaurants. Diese Vielfalt wird nicht nur geduldet, sondern aktiv gelebt und gefeiert.
Feste wie das Quartierfest auf dem Kasernenareal, interkulturelle Märkte oder Musikveranstaltungen zeigen, wie bunt und lebendig Kleinbasel ist. Die Mischung aus lokalen Traditionen und internationalem Flair macht das Quartier einzigartig – offen, vielfältig und herzlich.
Obwohl die Basler Fasnacht meist mit dem Grossbasler Teil der Stadt in Verbindung gebracht wird, hat auch Kleinbasel eine sehr lebendige Fasnachtstradition. Hier beginnen viele Cliquen ihren Umzug durch die Rheingasse oder das St. Johannstor. Die engen Gassen und dunklen Strassen schaffen eine ganz besondere Atmosphäre. Besonders eindrücklich ist es, wenn in der Morgendämmerung die ersten Laternen aufleuchten und die Trommeln und Piccolos einsetzen. Die Fasnacht in Kleinbasel ist persönlicher, weniger touristisch und wird vor allem von den Menschen im Quartier getragen.
Ein wichtiger Ort in der Altstadt von Kleinbasel ist das ehemalige Kasernengelände. Was früher militärischen Zwecken diente, ist heute ein kulturelles Zentrum. Hier befinden sich Veranstaltungsräume, Ateliers, Theater und Freiflächen. Der grosse Innenhof ist beliebter Treffpunkt, Spielplatz und Veranstaltungsort in einem. Die Kaserne Basel ist aus dem kulturellen Leben der Stadt nicht mehr wegzudenken und bietet Raum für Experimente, Begegnungen und kreativen Austausch.
Trotz seiner zentralen Lage ist Kleinbasel ein beliebtes Wohnquartier geblieben. Die Mieten sind hier oft noch etwas günstiger als in anderen Teilen der Stadt, was vor allem junge Familien, Studierende und Künstler anzieht. Gleichzeitig wird in den letzten Jahren viel renoviert, modernisiert und neu gebaut. Die Stadt bemüht sich, die soziale Durchmischung zu erhalten und gleichzeitig die Lebensqualität zu verbessern.
Die Nähe zum Rhein, die kurzen Wege zur Innenstadt, die gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr und die Vielfalt im Quartier machen Kleinbasel für viele Menschen attraktiv. Hier lebt man mitten in der Stadt, aber dennoch in einem gewachsenen Umfeld mit viel Charakter.
Kleinbasel hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Früher galt es als rauer und weniger begehrter Stadtteil, doch das hat sich gewandelt. Heute ist die Altstadt Kleinbasel ein Ort des Wandels, an dem Altes erhalten und Neues integriert wird. Die Mischung aus Geschichte, urbanem Leben, kultureller Vielfalt und Nachbarschaftsgeist macht dieses Viertel besonders.
Wer Kleinbasel besucht, sollte sich Zeit nehmen, durch die Gassen zu schlendern, an einem Brunnen Halt zu machen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen oder einfach am Rhein zu sitzen und das Leben zu beobachten. Die Altstadt von Kleinbasel ist kein Ort, der sich laut in den Vordergrund drängt. Aber wer sich auf sie einlässt, wird schnell merken, wie viel Herz, Geschichte und Zukunft hier steckt.